Die Konzentration lässt nach, die Augenlider werden schwer und plötzlich schrecken Sie auf. Für einen Augenblick sind Sie in den Sekundenschlaf gefallen. Die spontane Müdigkeitsattacke zählt zu den größten Gefahren im Straßenverkehr, aber auch im Arbeitsalltag kann Sie der Mikroschlaf einholen. Wer einmal dem Sekundenschlaf verfallen ist, befindet sich in einer Abwärtsspirale – die Wachphasen werden kürzer und die Nickerchen immer länger. Wer bei den ersten Anzeichen nicht handelt, gefährdet nicht nur sich selbst. Ein Kaffee hilft vorübergehend. Wichtiger ist es, dem Ursprung auf den Grund zu gehen und dem Sekundenschlaf vorzubeugen.
Sekundenschlaf: Gefahr am Steuer und am Arbeitsplatz
Zwei Sekunden einnicken sind auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h knapp 72 Meter, die während des Sekundenschlafs mit geschlossenen Augen zurückgelegt werden. Prallt das Fahrzeug ungebremst auf ein Hindernis, kann das fatale Folgen haben. Übermüdung war 2019 der Grund für 2.037 Autounfälle. Dabei wurden 3.303 Personen verletzt, für 49 davon endete es tödlich. Die Dunkelziffer dieser Unfälle ist vermutlich höher, da einige ihre Müdigkeit der Polizei vorenthalten. Sekundenschlaf wird im Falle eines Unfalls als grobe Fahrlässigkeit erachtet und im strafgesetzlichen Sinne ähnlich wie Alkohol am Steuer behandelt.
Verfällt ein Staplerfahrer in Sekundenschlaf und reißt dabei eine Palette mit Ware um, ist das noch vergleichsweise harmlos. Nimmt jemand Schaden, sieht das schon ganz anders aus. Menschen, die monotone Tätigkeiten an schweren Maschinen verrichten, sind von Sekundenschlaf und dessen Folgen besonders bedroht. In einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin zum Thema „Schlaf und Arbeit“ gaben rund 10 % der Menschen, die seit mindestens zwölf Monaten an Schlafmangel litten, an, dass sie bereits einen müdigkeitsbedingten Arbeitsunfall hatten.
Sekundenschlaf vorbeugen
Planen Sie lange Autofahrten vorausschauend: Vermeiden Sie Fahrten in der zweiten Hälfte der Nacht zwischen zwei und fünf Uhr morgens. Der menschliche Biorhythmus ist in der Zeit anfällig für Müdigkeit. Ebenso darf das Mittagstief zwischen 14 und 16 Uhr nicht vergessen werden. Die meisten durch Sekundenschlaf verursachten Autounfälle passieren in diesen Zeitabschnitten. Planen Sie Pausen ein. Pausenlose Fahrten erhöhen das Risiko für Sekundenschlaf. Bereits nach vier Stunden ist die Gefahr doppelt so hoch. Die erste Pause ist nach mindestens zwei Stunden ratsam. Falls möglich, fahren Sie zu zweit und wechseln Sie sich beim Fahren ab. Andernfalls kann ein Beifahrer Sie durch interessante Gespräche wachhalten oder Sie auf Ihre Müdigkeit oder einen bereits stattgefundenen Sekundenschlaf hinweisen.
Nicht immer müssen die Augen beim Sekundenschlaf geschlossen sein. Dies ist zum Beispiel einer bequemen Sitzhaltung geschuldet, in der dem Körper ein Ruhezustand signalisiert und somit das Weckzentrum im Gehirn ausgeschaltet wird. Die Wahrnehmung ist in diesem Halbschlaf eingeschränkt bis nicht existent, folglich nimmt die Reaktionszeit ab. In diesem Moment wirken die Augen starr und leer. Einige senken leicht die Augenlider und blicken durch einen kleinen Spalt. Für Außenstehende ist der Sekundenschlaf daher nicht immer eindeutig zu erkennen.
Schweres Essen macht müde
Sowohl vor Fahrtantritt als auch in den Pausen: Bedenken Sie, dass schwere oder große Mahlzeiten die Blutzufuhr in Magen und Darm für die Verdauung anregen. Das Blut fehlt unter anderem im Gehirn, wodurch sich das sogenannte „Suppenkoma“ breitmacht, und die Aufmerksamkeit sinkt. Um den Sekundenschlaf zu umgehen, nehmen Sie besser leichte Kost zu sich.
Schlafen rettet Leben
Es ist leichter gesagt als getan: Gesunder und erholsamer Schlaf ist entscheidend, um dem Sekundenschlaf ein Schnippchen zu schlagen. Wenn Sie immer wieder in Ihrem Alltag mit Einschlafattacken zu kämpfen haben, könnte das an Ihrer Schlafqualität liegen. Falls die Müdigkeit trotz guter Schlafhygiene bleibt, könnte auch eine Schlafstörung wie Schlafapnoe die Ursache sein. In diesem Fall sollten Sie sich in einem Schlaflabor beraten lassen.
Sekundenschlaf bekämpfen
Sind alle Vorkehrungen getroffen, halten Sie Ihren Kreislauf auf Trab, denn er ist der Motor des Körpers. Trinken Sie ausreichend Wasser und essen Sie zwischendurch gesunde Snacks, wie Nüsse oder Mandeln. Das sind langfristige Energielieferanten, die sich gut dosieren lassen. Durchlüften Sie Ihren Arbeitsplatz beziehungsweise öffnen Sie während einer Autofahrt öfters das Fenster. Durch eintönige Fahrten auf der Autobahn oder monotone Arbeitsabläufe fehlen dem Gehirn anregende Reize, weswegen die psychische Aktivität herabgesetzt wird. Suchen Sie sich, wenn möglich, Abwechslung durch andere Aufgaben oder drehen im Auto das Radio auf und singen Sie laut mit. Das fördert die Gehirnaktivität – bitte aber nur, wenn kein Beifahrer mitfährt.
Sollten die Müdigkeitsanzeichen zu stark werden und Sie befürchten einen baldigen Sekundenschlaf, legen Sie eine Pause ein. Vertreten Sie sich zum Beispiel kurz die Beine. Auf der Arbeit kann das der Weg in die Küche oder zur Toilette sein – oder betätigen Sie sich sportlich, zum Beispiel mit leichten Dehnübungen. Alternativ können Sie in Ihrer Pause auch einen Powernap einlegen. Ein Kaffee vor dem Kurzschlaf unterstützt Sie beim Wachwerden nach dem Schläfchen, denn das Koffein wirkt erst nach etwa 30 Minuten. Diese Maßnahme ist allerdings eher nicht für das Großraumbüro geeignet. Auf dem Autobahn-Rastplatz funktioniert sie dafür wunderbar.
Anzeichen für Sekundenschlaf erkennen
Körperliche und geistige Müdigkeit machen sich durch häufiges Gähnen und Frösteln bemerkbar. Die Augen beginnen zu jucken oder zu brennen, was wiederkehrendes Augenreiben zur Folge hat. Die Lider werden schwer und der Blick wird unscharf. Ständiges oder langsames Blinzeln gefolgt von verengten Pupillen mit einem Tunnelblick und zufallenden Augen lassen auf einen baldigen Sekundenschlaf hindeuten. Plötzliche Kopfschmerzen oder ein sehr trockener Mund sind klassische Symptome für Müdigkeit, ebenso gehören emotionale Empfindlichkeit oder Nervosität dazu. Die Konzentration lässt nach und Ihre Gedanken schweifen ab. Es kann auch zu Halluzinationen oder optischen Täuschungen kommen.
Stehen Sie beim Autofahren kurz vorm Sekundenschlaf, fällt es Ihnen schwer, die Spur zu halten, oder Sie haben das Gefühl, dass die Straße schmaler wird. Ihre Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit nehmen ab. Sie werden unaufmerksam und übersehen Schilder oder Ausfahrten. Ungleichmäßige Geschwindigkeiten und ruckartige Lenkbewegungen sind Begleiterscheinungen, die Sie und andere bereits gefährden können.
Einschlafwarner im Auto
Einschlafwarner wie Rüttelstreifen auf der Autobahn oder Fahrassistenten mit Müdigkeitserkennung sind praktische Helfer. Sie lenken die Aufmerksamkeit des Fahrers wieder auf die Fahrbahn oder geben Hinweise, wenn eine Pause eingelegt werden sollte. Mobile Frühwarnsysteme, die zum Beispiel hinters Ohr geklemmt werden, piepen, sobald sich der Kopf neigt. Spurhalteassistenten scannen mit einer Kamera die Fahrbahn und schlagen Alarm, sobald das Auto von der Spur abkommt. Geräte zur Augenerfassung ertönen, wenn sich die Augen des Fahrers langsam schließen. Da Müdigkeit bei jedem anders verläuft und Sekundenschlaf auch mit geöffneten Augen auftreten kann, sollten Sie den Einschlafwarnern nicht zu viel Vertrauen schenken. Sie sind ein technischer Fortschritt in den Autos und helfen, mögliche Anzeichen zu erkennen, aber den bevorstehenden Sekundenschlaf verhindern die Warnsysteme letztendlich nicht.
Helfen Wachmacher-Tricks?
Bei den ersten Anzeichen von Müdigkeit greifen Autofahrer gerne auf die üblichen Tricks wie sich kneifen, das Fenster öffnen, Kaugummi kauen, das Radio aufdrehen und koffeinhaltige Getränke trinken zurück. Der drohende Sekundenschlaf wird dadurch verschoben, aber nicht aufgehoben. Das Einschlafen verhindern die Hilfsmittel am Ende nicht, doch sie überbrücken die Zeit bis zum nächsten Rastplatz.
Verantwortungsvolles Verhalten
„Ich bin ja gleich da. Das schaffe ich noch. Dann kann ich ausruhen“, sind keine seltenen Aussagen bei Autofahrern. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wird überschätzt und die Müdigkeit vor sich hergeschoben. Verantwortungsvolles Handeln gehört zum Führen eines Fahrzeuges oder schwerer Maschinen dazu. Sekundenschlaf ist eine ernst zu nehmende Gefahr. Achten Sie daher auf die Anzeichen Ihres Körpers und legen Sie bei akuter Müdigkeit besser eine Pause mehr ein.
Wie lange dauert ein Sekundenschlaf?
Die Dauer von Sekundenschlaf erscheint abhängig von Gefahreneinschätzung der Person oder der Reaktion der Umgebung. Sekundenschlaf beim Autofahren dauert in der Regel bis zu 5 Sekunden. Beifahrer, abrupte Fahrzeugbewegung oder gar eine Kollision führen schneller zum Aufwachen als beim Führen eines Zuges oder Sekundenschlaf im Cockpit, wo Schlafzeiten bis zu 2 Minuten bekannt sind.
Wie kann man Sekundenschlaf verhindern?
Ist die Übermüdung bereits eingetreten, helfen Maßnahmen wie Koffein, frische Luft oder Bewegung nur noch kurzfristig. Sie können als Übergangslösung genutzt werden, um an einen sicheren Ort für eine ausreichende Erholungspause zu gelangen. Bei Anzeichen oder Symptomen für ungewolltes Einnicken am Steuer, sollte umgehend die Fahrt für eine Schlafpause unterbrochen werden.
Ist Sekundenschlaf strafbar?
Ja, wenn der Sekundenschlaf zu einem Unfall führt, kann dies zu einer Verurteilung nach dem Straftatbestand der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs einhergehend mit Körperverletzung, Sachbeschädigung oder gar Tötung führen. Doch auch ohne Unfall, kann eine die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende Übermüdung in einer Verkehrskontrolle ein Bußgeld oder Führerscheinentzug nach sich ziehen.