Einschlafstillen: vom leichter Einschlafen zum Durchschlafen
ZULETZT Aktualisiert: 07. August 2024
Einschlafstillen ist wie eine natürliche Betäubungsmethode fürs Kind. Alle grundlegenden Bedürfnisse von Baby bis Kleinkind werden auf einmal erfüllt: Neben der Nahrung bedient Stillen auch die Grundbedürfnisse nach wohliger Wärme, Geborgenheit und Sicherheit durch körperliche Nähe.
Die Geschwindigkeit, mit der Kinder, ob noch ganz klein oder bereits etwas größer, beim Stillen einschlafen, erstaunt immer wieder. Mit zunehmendem Alter wächst dennoch oft die Unruhe, die mahnenden Worte des Umfeldes nehmen zu: Das Kind wird sich daran gewöhnen und nicht mehr anders schlafen können. Die Beruhigung vorweg: Diese suggerierte Abhängigkeit von der Brust ist Unsinn.
Stillen will gelernt sein
Weder Mutter noch Kind sind von Anfang an Profis beim Stillen. Beim ersten Kind sind beide Anfänger. Weitere Kinder garantieren trotz Erfahrung keinen Stillerfolg. So wie jedes Kind anders ist, entwickelt sich auch jede Stillbeziehung individuell und im Laufe der Stillzeit. In der Regel ist die Lernkurve bei Mutter und Kind hoch und das Stillen wird nach und nach unkomplizierter.
Einschlafstillen: Vom Anfänger zum Stillprofi
Die Stillende muss zunächst die für sie passenden Stillpositionen finden. Im Sitzen oder Liegen? Das Baby auf dem Arm, im Stillkissen oder neben sich abgelegt? Anfangs funktioniert vielleicht nur eine Position so richtig gut – die gilt es zu finden. Mit Übung und Gewöhnung wird das Stillen in allen Lebenslagen, im Gehen, auf dem Arm oder im Tragetuch einfacher.
Bewegen Sie den Säugling immer zur Brust und nicht den Körper zum Säugling, um Rückenschmerzen und Verspannungen im Nacken vorzubeugen.
Saug- und Schluckreflex sind neben dem Suchreflex die grundlegende Reflexkombination von Neugeborenen. Die richtige Saughaltung an der Brust ist jedoch nicht instinktiv. Um Verletzungen der Brustwarzen oder anderen Problemen wie einem Milchstau vorzubeugen, sollten Sie darauf achten, dass der Säugling stets den gesamten Warzenhof beim Saugen umschließt. Das bedeutet, anfangs das Baby bei der Brustannahme zu unterstützen, seinen Mund richtig zu öffnen und mittels C-Griff die Brust korrekt zu platzieren.
Sitzen die Abläufe bei Mutter und Kind erst einmal, läuft das Stillen entspannt für beide Seiten und in jeder Position bequem. Dann steht dem Einschlafstillen, bei dem alle Beteiligten zur Ruhe kommen, nichts im Wege.
Einschlafstillen: die bequemste und schnellste Methode in den Schlaf
Für einige ist der Start ins Stillen schwieriger, manchmal klappt es nicht oder ist von vornherein nicht gewünscht. Es kommt vor, dass Mutter oder auch das Kind nicht damit zurechtkommen und schnell zur liebevollen Flaschenfütterung gewechselt wird. Auch das ist legitim. Grundsätzlich sollte Stillen kein Zwang sein. Mutter und Kind müssen sich mit dieser Entscheidung wohlfühlen. Entscheidet sich eine Partei aktiv gegen das Stillen, ist das Recht auf körperliche Selbstbestimmung zu akzeptieren.
Der gesellschaftliche Druck zum Stillen erscheint für viele Mütter hoch. Es gibt jedoch Faktoren, bei denen es schlichtweg im Sinne des Kindes liegt, sich dagegen zu entscheiden:
- Einnahme bestimmter Medikamente
- regelmäßiger Tabak-, Drogen- oder Alkoholkonsum
- Infektionskrankheiten seitens der Stillenden
Tipp:
Manche Medikamente sind notwendig und nicht alle wirkstoffe gehen tatsächlich in die Muttermilch über oder sind schädlich für Babys und Kleinkinder. Einen guten Überblick über tatsächliche Gefährdung in Schwangerschaft und Stillzeit bietet die Seite Embryotox.
Ist die holprige Lernphase erst einmal überwunden und eine Stillbeziehung geschaffen, gibt es kaum ein zuverlässigeres Mittel, das Kind zum Entspannen oder gar Schlafen zu bekommen.
Unvereinbar: Durchschlafen und Stillen?
Der Vorteil am Einschlafstillen liegt darin, dass nächtliche Aufwachphasen unmittelbar liegend und noch im Halbschlaf abgefangen werden können. Sie müssen nicht erst aufstehen und ein Fläschchen zubereiten. Weder das Kind noch Sie müssen wirklich wach werden, so Sie denn in einem Raum schlafen. Die Aufgabe der Flaschengabe kann unter den Elternteilen aufgeteilt werden. Das Einschlafstillen hingegen ist nicht an den anderen Part zu übergeben.
Flaschenkinder oder Stillkind – wer schläft eher durch?
Pre-Nahrung steht in dem Ruf, sättigender zu sein. Kinder, die abends die Flasche bekommen, tendieren daher früher zum Durchschlafen. Der Magen eines wenige Wochen alten Babys hat noch wenig Fassungsvermögen und benötigt entsprechend viele kleine Mahlzeiten rund um die Uhr – tagsüber wie nachts. Ältere Stillkinder erwachen weniger aus einem Hungergefühl heraus, sondern versichern sich mit den nächtlichen Stillmahlzeiten der Nähe und Geborgenheit. Ob mit oder ohne Stillen, das Schlafverhalten von Babys unterliegt in den ersten zwei Jahren vielen Veränderungen. Oft bleiben das Einschlafstillen und das nächtliche Stillen länger als das Stillen am Tage erhalten. Tagsüber gibt es so viel zu entdecken und das Kind ist leichter abzulenken. Phasenweise holen Kinder die ausgelassenen Stillmahlzeiten des Tages dann in der Nacht verstärkt nach. Diese unruhigen Nächte führen oft zu Momenten in der Stillbeziehung, an denen Stillende vermehrt übers Abstillen aus Schlafmangel nachdenken.
Unsicherheiten beim Einschlafstillen
Rund um das Thema Einschlafstillen drehen sich viele Fragen. Sei es von pädagogischer Seite oder das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten betreffend.
Wann ist der richtige Punkt zum Abstillen?
Wir leben in einer Zeit, in der dank funktionierender Alternativen, wie hochwertiger Pre-Milch, der Säugling nicht in Gefahr gerät, wenn das Stillen nicht funktioniert, gewünscht oder gesundheitlich möglich ist. Zur Immunisierung und Stärkung der Bindung empfiehlt die WHO, Babys sechs Monate ausschließlich zu stillen und nach Einführung der Beikost die Stillbeziehung mindestens bis zum Alter von zwei Jahren fortzuführen. Diese Empfehlung bildet jedoch keine individuellen Realitäten oder Möglichkeiten ab.
Den richtigen Punkt für das Ende der Stillbeziehung gibt es nicht. Manche Kinder stillen sich zu einem von ihnen bestimmten Zeitpunkt von alleine ab. Andere stillen, bis das Kind alt genug ist, im gegenseitigen Einvernehmen die Stillbeziehung zu beenden. Ist beides nicht der Fall, aber Sie fühlen sich nicht mehr wohl mit dem Stillen, können Sie versuchen, Ihr Kind langsam zu entwöhnen. Mit der 10-Nächte-Methode nach Gordon kann dies funktionieren. Hierfür sollte das Kind jedoch mindestens ein Jahr alt sein. Auch dieser sanfte Umlernprozess ist für alle Beteiligten nicht leicht und will wohl überlegt sein.
Wird mein Kind jemals anders in den Schlaf finden?
Die Angst, Kinder durch Einschlafstillen zu verziehen, ähnelt den Bedenken beim Thema Familienbett. Oft sind beide Bereiche eng verstrickt, da Einschlafstillen am effektivsten im Familienbett umzusetzen ist. Die Antworten sind in beiden Fällen gleich: Keine Panik, Ihr Kind wird weder ewig in Ihrem Bett noch ausschließlich an der Brust einschlafen. Im Gegenteil: Das Fundament aus Nähe, Geborgenheit und Sicherheit, das dem Kind mit dem Einschlafstillen in den ersten prägenden Monaten bis Jahren mitgegeben wird, trägt dazu bei, selbstbewusste und damit selbstständige Menschen großzuziehen. Babys müssen alles lernen, so auch schlafen. Einschlafstillen, Einschlafbegleitung und die anfängliche Nähe zu den Eltern, den Vorbildern, wie (durch)schlafen funktioniert ist bei diesem Prozess unterstützend.
Was, wenn die ersten Zähne kommen?
Die Angst vor den ersten Zähnen ist weit verbreitet und doch unbegründet. Die Zähne brechen zu einer Zeit durch, in der die Stillbeziehung bereits gefestigt ist und das Kind das Stillen beherrscht. Bei einem gesunden Kind berühren die Zähne in der Regel nicht einmal die Brustwarzen. Ist das Kind aufgewühlt oder fiebrig, kann es generell etwas unruhiger beim Stillen werden. Hier wird Nähe oft mit allen Gliedmaßen, unter Umständen auch durch Kratzen, Kneifen und eben Beißen eingefordert.
Saugverwirrung: Torpedieren Schnuller und Fläschchen das Einschlafstillen?
Erstlingseltern von Neugeborenen wird häufig die Angst vor einer gestörten Stillbeziehung mitgegeben, wenn sie in der ersten Zeit mit Flasche oder Pipette zufüttern, weil die Milch noch nicht ausreichend einschießt. Auch der Schnuller steht immer wieder in der Kritik, er soll Saugverwirrung, schiefe Zähne und Abhängigkeit auslösen. Eine Saugverwirrung ist dann gegeben, wenn das Baby den Wechsel zwischen natürlicher Brust, Flaschensauger und Schnuller nicht schafft. Hier liegen unterschiedliche Saugtechniken und Gaumenhaltungen zugrunde. Eine Saugverwirrung kann zu einer falschen Saughaltung, Schmerzen beim Stillen und letztendlich auch dem Ablehnen der Brust führen. Sie tritt allerdings weitaus seltener auf, als sie heraufbeschworen wird. Etwa 20 Prozent aller in den ersten Tagen fremdsaugenden Kinder sind betroffen. Eine Saugverwirrung ist darüber hinaus reparabel – die Stillbeziehung ist rettbar und das Einschlafstillen nicht zwingend gefährdet.
Stillprobleme direkt angehen
In der Stillzeit können immer wieder kleinere oder größere Beschwerden auftreten. Der häufigste Grund für vorzeitiges Abstillen sind wunde Brustwarzen und Schmerzen beim Stillen. Stillen sollte nicht wehtun. In der Anfangszeit mag das ungewohnte Gefühl noch unangenehme Empfindungen hervorrufen, der Gewöhnungseffekt sollte jedoch innerhalb kürzester Zeit eintreten. Das Einschlafstillen verläuft anschließend für die Mutter nahezu so entspannt wie für das Kind.
Gegen entzündete Brustwarzen hilft vorbeugend die richtige Stillposition des Kindes. Die Kauleisten sollten den Warzenhof umschließen und nicht darauf aufliegen und so die Milchdrüsen abquetschen oder unnötig Reibung verursachen. Sogenannte Stillhütchen können besonders sensible Brüste schützen, werden jedoch nicht von jedem Säugling akzeptiert. Bei bleibenden Schmerzen ist der beste Weg immer der zur Stillberatung. Stillfreundliche Krankenhäuser verfügen häufig über eine Stillambulanz, Stillgruppen oder Stillberatungen. Professionelle Laktationsberatung in Ihrer Nähe finden Sie zudem über digitale Stillberatungsfinder.